– das schöne, klangvolle Instrument, dem man schöne, klangvolle Namen
geben kann: „Bohne“, „Unbeschreibliche Schönheit“, „Hermann (der Tiger)“,
„Pupsi Sperrholz“ oder, schlicht und respektvoll: „Schrotti“.
Sie können jeder für sich oder alle zusammen spielen, zu zweit, zu dritt, oder
zu viert… Hermann, der Hundertjährige, spielt mit der kleinen Bohne (natürlich
den „Bohnentanz“), während sich die funkelnde, taufrische Unbeschreibliche
Schönheit aus China am liebsten mit dem bewährten, narbenbedeckten Schrotti
zusammentut.
Wenn sie spielen und die feierlichen Klänge einer längst vergangenen Zeit wie Nebel aufsteigen, erscheint plötzlich ein Bild – da reitet der fromme, tapfere Ritter Lobesam durch die öde, unwegsame Ebene ins Abendrot… Bei einem anderen Lied kann man die emsigen Raupen und bedächtigen Schnecken beobachten, wie sie den Garten kahlfressen, und bei einem dritten sieht man die Entenfamilie hurtig zum See watscheln und, ein Entchen nach dem anderen, mit Schwung die Uferböschung hinunter ins Wasser plumpsen…
Wenn Cello gespielt wird, ist man auf einmal an
einem anderen Ort – da, wo in der Frühe das Morgenlied von den Turmzinnen
schallt und aus den Baumwipfeln die Hymne der Vögel… Wo die Kinder
Schokobrötchen und Eier zum Frühstück bekommen… Wo in der Abendstille die
Glocken läuten und das Kind im Schlaf weint, weil das Einzelmännchen in seinem
kleinen Haus sitzt und seufzt und klagt…
Oder man ist dort, wo der knorrige Bayer sich zu Knödeln und Haxn niedersetzt
und hernach beim Wurzeltanz die eigenen kernigen Haxn herzeigt… Wo in Venedig
der Karneval in den Straßen wogt und nachts verhüllte Gestalten mit
Vogelschnäbeln durch alte Gassen gehen… Wo in einer Höhle im Gebirge das
Gerippe des Piraten auf einer Schatztruhe sitzt, die Knochenhand um eine leere
Flasche gekrallt… Wo die Kinder erst auf dem Laufrad, dann auf dem Einrad
fahren, und auch Opa sein altes Stahlross aus dem Schuppen holt, um eine
wichtige finanzielle Transaktion persönlich zu tätigen und sich nebenbei ein
wenig Bewegung zu verschaffen… Wo die Glockenblumen leise hin und her
schwingen, wenn der Wind auffrischt… Wo der Grashüpfer staunenswerte Sprünge
vollführt, der geduldige Esel die Kinder den steilen Berg hinaufträgt und es mittwochs
bei Nordi Musik und Gummibärchen umsonst gibt… Wo blasse Kavaliere und Frauen
in schönen Gewändern jede Nacht im prächtigen Ballsaal ihre alten Tänze tanzen,
bis im Morgengrauen aller Glanz verschwindet und das Meer wieder zu den
Saaltüren hereinströmt… Wo die wilde Pia den Bogen unbarmherzig auf die A- und
C-Saite niedersausen lässt wie ein Galeerentrommler, während der kleine
Ranzenschlepper mit letzter Kraft die steile Treppe zu seiner Schule
hochkriecht, deren Türen schon längst geschlossen sind… (aber morgen hat er
Geburtstag und wird bestimmt einen Ranzentrolley bekommen, mit dem alles
leichter wird)… Wo Sarah (sie hat doch nur die Vorzeichen übersehen und ist
versehentlich in die zweite Lage geraten) sich auf einmal in einem fremden Land
wiederfindet, mitten unter grimmigen Kriegern mit schwarzen Haarknoten und
blitzenden Schwertern… Wo aus stillen weißen Flocken ein riesiger Schneesturm
wächst, der das arme Menschlein, das noch draußen herumirrt, einfach wegfegt…
Wo die Hölle klappert, die Katzen schleichen, der schwarze Hahn betrunken tanzt
und der alte Storch seine letzten Träume träumt… Wo der lustige Bauernjunge die
traurige Prinzessin heiratet, und die Räuber im tiefen Wald Rat halten und sich
Treue bis in den Tod schwören… Wo Shirin A. ihren Besuch artig mit Sodawasser
und guten Ratschlägen bewirtet… Wo bei Tagesanbruch der Ruf der Prachtenten
durch die Gärten des Kaisers tönt und Menschen und Tiere weckt, die Sonne zu
begrüßen… Wo die flinken Ziegen den Abhang hinauf und hinunter springen und die
Schusterjungen beim Tanz ihre Hüte in die Luft werfen, während Tanja, das
Nilpferd, mit ihrer Truppe von Strandgespenstern erstklassigen Spitzentanz
vorführt… Wo am Sommerabend die Eintagsfliegen sterben und durch die
Weihnachtsnacht der Klang des Dudelsacks zieht…
… Wo am Ende das Einzelmännchen ausgelassen tanzt, das Kind fröhlich erwacht
und der alte Storch ins Paradies schreitet.